Zudem wird sich mit der mittelfristigen Erreichung der Ausrottung von Polio unsere Bedeutung verändern. Wir sitzen als die führenden Experten der Impfkampagnen in vielen Gremien des Polio-Programms. Es stellt sich die Frage, wie wir unsere Bedeutung nach Erreichung unseres Ziels beibehalten und beispielsweise unseren Sonderstatus bei der UNO wahren können. Ich glaube, eine Lösung ist, dass wir gemeinsam mit anderen Organisationen holistische Projekte realisieren und vermehrt Allianzen eingehen.
Dies ist schon heute vielfach der Fall, namentlich bei unseren Grossprojekten im Rahmen der Programs of Scale. Bei unserem Grossprojekt für eine nachhaltige Bevölkerungsentwicklung in Nigeria beispielsweise wirken aus den USA die Centers for Disease Control and Prevention (CDC ) und die Bill und Melinda Gates Foundation mit. Unsere Investition von 2 Millionen USD wird damit verdreifacht und das Beziehungsnetz vervielfacht.
In Zukunft wird auch die weitere Integration von Rotaract wichtig sein. Rotaract ist seit dem Beschluss des CoL von 2019 nicht mehr ein Projekt der Clubs, sondern eine eigenständige Form von Clubs. Es geht nun darum zu definieren, wie diese in den Gremien und Committees auf allen Stufen vertreten sein sollen. Es ist wichtig, dass sich die künftige Generation in unsere Entscheidungsprozesse angemessen einbringen kann.
Wie werden sich diese Entwicklungen auf Distrikt- bzw. Clubebene auswirken?
Clubs werden sicherlich diverser, der Frauenanteil wird weiter steigen. In Ägypten und im Maghreb sind beispielsweise bereits 50 Prozent der Mitglieder Frauen. Bei uns wird es noch etwas länger dauern, vor allem aufgrund der erfreulich hohen Retentionszeiten. Unsere Clubkultur wird vor allem durch neue Clubgründungen diverser und jünger werden.
Auch die Regionalisierung bezüglich der Gestaltung und Organisation wird sich verstärken. Gegenwärtig diskutieren wir beispielsweise, wie wir die Anzahl der Clubs in den Distrikten verkleinern können, um damit eine bessere Vereinbarkeit zwischen Governor-Aufgaben, Familie und Beruf zu ermöglichen. Dies legt nahe, dass mehrere Distrikte gewisse Aufgaben gemeinsam erledigen, beispielsweise die Administration, Jugenddienst aber auch Anlässe. Ich bin auch überzeugt, dass eine Steigerung der Bedeutung und die Kompetenzen der Regionalbüros grosse Vorteile bringt. Unsere Erfahrungen mit dem Europa-Afrika-Büro in Zürich sind jedenfalls ausgezeichnet, das Team versteht dort, wie wir ticken und was wir brauchen.
Ich glaube auch, dass es vermehrt lokale Allianzen unter den Clubs und mit anderen Organisationen geben wird.
In einem Interview mit dem Distrikt 2000 vor knapp zwei Jahren sagtest du, dass es flexiblere Clubmodelle brauche, um jüngere Mitglieder anzuziehen. Hast du da bereits eine Entwicklung feststellen können?
Ja, als Beispiel gibt es im Distrikt 1980 neue Clubs wie den hybriden RC Basel International oder den reine Frauenclub RC Basel am Rhein. Bei meinem Besuch einer Distriktskonferenz in Algier habe ich einen tunesischen Frauenclub kennengelernt, der unglaublich viel leistet. Diese Diversität der Clubs erhöht die Attraktivität von Rotary und macht uns auch wettbewerbsfähiger. Wir sind zudem seit der Pandemie viel digitaler unterwegs. All das ist ein kreativer Prozess, bei dem wir ausprobieren müssen, um herauszufinden, was funktioniert.
Welche weiteren Empfehlungen können Clubs umsetzen, um Mitglieder zu gewinnen?
Clubs sollten sich Gedanken machen, wohin die Reise gehen soll, und wen sie ansprechen möchten. Ich ermutige jeden Club dazu, sich mittelfristige Ziele zu setzen, damit er die Organisationsstruktur entsprechend anpassen kann. Themen-Clubs können sich beispielsweise überlegen, wie man sich vermehrt dem jeweiligen Schwerpunktbereich widmen kann. Ein anderes Beispiel ist die Frage, welche Mitgliederzusammensetzung man anstrebt und dann das Angebot und die Voraussetzungen dafür zu schaffen.
Zudem glaube ich, dass die Qualität der Mitglieder entscheidend ist. In der Schweiz beispielsweise sind Personen geeignet, die sich in ein freundschaftliches Netzwerk einleben können und das Serviceideal verfolgen. Das gemeinsame Serviceideal und die daraus resultierenden erfolgreiche Projekte bringen die Mitglieder zusammen und steigern die positiven Erlebnisse. Für mich ist es jedenfalls eines der befriedigendsten Erlebnisse, wenn wir gemeinsam ein Projekt abschliessen und feststellen dürfen, dass an wir an einem Flecken dieser Welt eine Verbesserung erzielt haben.
Einem Mitglied bei Rotary steht ein grosses Netzwerk an Expertise, Ressourcen, Wirkungsmöglichkeiten und Angeboten wie Fellowships und ICCs zur Verfügung. Als Mitglied profitiert man in vielerlei Hinsicht auch persönlich, darauf sollten Clubs regelmässig hinweisen. Das Leben mit Rotary ist reichhaltiger.