Eine Zukunft dank ROBIJ – die Geschichte eines jungen Somaliers, der in die Schweiz flüchtete

fredag 28 januari 2022

Der Originalartikel wurde in der Januar-Ausgabe des Rotary Magazine publiziert / L'articolo originale è stato pubblicato nel numero di gennaio di Rotary Magazine

Ein Junge flüchtet im Alter von nur 14 Jahren aus seiner Heimat Somalia und begibt sich auf den Weg nach Kenia. Landen tut er aber an einem ganz anderen Ort, einem, von dem er noch nie zuvor etwas gehört hat, Europa. Nach einer langen und gefährlichen Reise schafft er es schliesslich mit der Unterstützung von ROBIJ, sich in der Schweiz eine neue Zukunft aufzubauen. Die Geschichte des jungen Somaliers ist eine von Gewalt, Ungewissheit und Hoffnung und von zwei Welten, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Flucht aus Somalia

Der junge Somalier, dessen Namen wir aus Anonymitätsgründen nicht nennen werden, hat seine Geschichte Kim Widlicki vom Schweizer Büro von Rotary International erzählt. Wir erzählen sie hier auf Deutsch nach.

Der junge Somalier wuchs während des Kriegs in Somalia als Kind einer Landwirtin auf, seinen Vater hat er nie kennengelernt. Zur gefährlichen Flucht aus seinem Heimatland entschloss er sich als die Terroristengruppe al-Shabaab in seinem Dorf anfing, Kinder von Bauern zu entführen und er sah, wie sie seinen Nachbarn mitnahmen. Das war vor fünf Jahren, als er erst ungefähr 14 oder 15 Jahre alt war. Aus Angst, erschossen oder ins Gefängnis gebracht zu werden, verliess er seine Heimat, ohne sich zu von jemandem verabschieden.

Der junge Somalier bei seiner Arbeit als Maler in der Schweiz

Das eigentliche Ziel seiner Flucht war Kenia. Nachdem er bereits einen Tag unterwegs war, merkte er aber, dass er in die falsche Richtung gereist war und in Äthiopien gelandet ist, wo er direkt ins Gefängnis gesteckt und einen Monat lang festgehalten wurde.

Als er wieder auf freiem Fuss war traf er einen Mann, der seine Muttersprache sprach und ihm erzählte, dass viele Leute nach Äthiopien kommen und dann in den Sudan, nach Lybien oder Europa weiterreisen. Er bot dem jungen Somalier seine Hilfe an, ohne eine Bezahlung zu erwähnen. Der junge Somalier liess sich auf das Angebot ein. So begann eine lange und gefährliche Reise.

Mit anderen Flüchtlingen musste er zunächst für einige Tage in einem Zimmer ausharren, bevor sie dann mit einem Auto losfuhren. Als die Gruppe im Sudan eine Autopanne erlitt, waren sie dazu gezwungen, durch die unbarmherzige Wüste zu laufen. Nach drei Tagen zu Fuss fanden sie schliesslich ein anderes Auto und konnten nach Lybien fahren. In Lybien angekommen, verlangten die Schlepper plötzlich Geld für die Fahrt und alles, was sie auf der Reise konsumiert haben. Diejenigen, die nicht bezahlen konnten, wurden geschlagen.

Unser junger Somalier hatte kein Geld. Er versuchte, seinen Stiefvater anzurufen und um Hilfe zu bitten, aber der legte auf. Also wurde auch er geschlagen und dabei gefilmt, als warnendes Beispiel für Neuankömmlinge. Erst als er bereits sehr dünn und dem Tod nahe war, liessen sie ihn gehen.

Gefährliche Bootsüberfahrt nach Europa

Nach fast eineinhalb Jahren in Lybien, in denen er sich mit Gelegenheitsjobs knapp über Wasser halten konnte und auf der Strasse schlief, schaffte er es schliesslich auf ein Boot. Es war ein Boot der Sorte, die aus Holz und Plastik zusammengebastelt wurde und das völlig überladen war. Auf See wurden sie dann von einem italienischen Schiff entdeckt und kenterten, als die Leute auf dem kleinen Boot aufstanden, um auf sich aufmerksam zu machen. Viele sind dabei ertrunken. Aber der junge Somalier schaffte es auf das Schiff und wurde in ein italienisches Krankenhaus gebracht.

Anschliessend lebte er in einem der berüchtigten Flüchtlingslager, bis ein Onkel, der in Holland lebt, ihm Geld für eine Busreise nach Holland schickte. Mit einem gefälschten Pass und dem Busticket schaffte er es dann aber nur bis in ein kleines Dorf in der Schweiz, in der Nähe der italienischen Grenze. Da verbrachte er wieder zwei Wochen in einem Camp und wurde schliesslich nach Zürich gebracht und registriert. Damit endete seine Reise.

Eine Zukunft in der Schweiz

Er war aber bereit, sich in der Schweiz eine Zukunft aufzubauen und versuchte, eine Lehrstelle zu finden. Das war der Moment als ihn eine Hilfsorganisation mit ROBIJ und dessen Präsidentin Marianne Hopsch in Kontakt brachte. Mithilfe von ROBIJ bekam er nach zwei Testwochen in einem Betrieb schliesslich die Zusage für eine zweijährige Lehre als Maler.

Anfangs war es für ihn nicht einfach, sich an die Schweiz und das Leben hier zu gewöhnen, vieles war sehr ungewohnt. In Somalia hatte er zum Beispiel keine Dusche, sie wuschen sich mithilfe von Tellern. Er konnte auch nicht kochen und lernte dies nach und nach in der Schweiz. Mittlerweile hat er sich in Zürich ein neues Leben aufgebaut, mit Ausbildung und neuen Freunden.

Berufserkundungstag von ROBIJ bei der Scherrer Metec AG

Über ROBIJ

ROBIJ steht für «Rotarier für die berufliche Integration Jugendlicher» und agiert als Vermittler zwischen Institutionen und Organisationen, die unbegleitete minderjährige Flüchtlinge betreuen, und lokalen Unternehmen, die Lehrberufe anbieten.

Die Non Profit Organisation entstand 2018 aus acht Rotary Clubs in Zürich, die sich zum Ziel gesetzt hatten, einerseits Flüchtlingen bei der Integration in die Gesellschaft zu helfen und andererseits Unternehmen dabei zu unterstützen, Arbeitskräfte zu finden.

Mehr Informationen zu ROBIJ finden Sie auf deren Website: https://robij.ch/